Die Psychologie der Emotionen

Daniel Gilbert: Ins Glück stolpern

gilbert_glueck-stolpernSchade, dass dieses Buch einen so grauenhaften Wühltisch-Titel bekommen hat! Wer sich davon nicht abhalten lässt, bekommt eine wirklich klug und amüsant geschriebene Zusammenfassung ausgewählter Erkenntisse der jüngeren Glücksforschung.

Gilbert hebt sich mit seinem Buch erfreulich von typischen Glücksratgebern ab, die ihren Wühltisch-Titel tatsächlich verdient haben. Was das Streben nach Glück angeht, ist aus seiner Sicht Skepsis angebracht, denn Menschen können – anders als üblicherweise gern angenommen – nicht besonders gut vorhersehen, was sie in der Zukunft glücklich machen wird. Vielmehr sind ihre Vorstellungen von der Zukunft unzulänglich und führen zu Täuschungen darüber, wie sie aussehen wird. Gilbert stellt drei Hauptdefizite vor, die zu Fehleinschätzungen und Illusionen führen können.

(1) Unsere Vorstellung von der Zukunft ähnelt oft mehr der Gegenwart als dem, was später wirklich eintritt. Wir sind befangen durch das, was wir aktuell erleben und empfinden, denn unser Gehirn folgt einer Reality First-Taktik: Gegenwärtige Ereignisse haben nahezu immer Vorrang. Zeit, so Gilbert, ist ein schlüpfriges Konzept und unser vorgestelltes Morgen kommt eher wie eine leicht abgewandelte Version des Heute daher, das konkret und unmittelbar greifbar für uns ist. Häufig mischt sich das augenblicklich Gefühlte mit dem „Vorgefühlten“.

(2) Wir antizipieren mehr schlecht als recht, was wir über zukünftige Ereignisse denken werden, wenn sie tatsächlich eintreten. Viele Menschen glauben zum Beispiel, dass schlechte Ereignisse ihnen schaden werden. Untersuchungen zeigen aber, dass sie in der Regel viel weniger beeinträchtigt sind, als sie vorher meinten. Gerade intensive Leiderfahrungen werden oft viel besser verarbeitet als vermutet, da psycholgische Abwehrkräfte mobilisiert werden, die dem Leidtragenden zu einer positiveren Sicht der Dinge verhelfen.

(3) Illusionen über die Zukunft lassen sich kaum durch eigene vergangene Erfahrungen vermeiden. Grund hierfür sind die Launen unseres Gedächtnisses: Ungewöhnliche, seltene Ereignisse etwa erinnern wir in der Regel besser als gewöhnliche, die häufig vorkommen. Und Vorkommnisse, die wir besser erinnern, halten wir in der Vorausschau für viel wahrscheinlicher – obwohl sie es nicht sind.

Wie kommen wir zu einer besseren Einschätzung dessen, was uns künftig glücklich (oder unglücklich) macht? Gilbert schlägt vor Andere zu fragen, die sich in einer vergleichbaren Situation befanden oder befinden. Experimente zeigen, dass die Qualität der Vorhersagen deutlich steigt, wenn man sich an der Einschätzung erfahrener Personen orientiert. Der beste Weg unsere Gefühle von morgen vorherzusagen ist: herausfinden wie andere sich heute damit fühlen.

Das überzeugt Sie nicht, da Sie selber ganz anders sind als andere und Ihre persönliche Situation gar nicht vergleichbar? Gilbert hat es bereits geahnt. Wer nach der Lektüre seines letzten Kapitels weiterhin der Ansicht ist, er sei einzigartig, weiß dann zumindest auch, dass diese Ansicht absolut durchschnittlich ist!


Offizielle Website von Daniel Gilbert: www.danielgilbert.com/

Ted Talks von Daniel Gilbert: www.ted.com/speakers/dan_gilbert

Interview mit Daniel Gilbert auf Spiegel online: www.spiegel.de/spiegel/print/d-48046199.html

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